Empathie

In kleinen Läden wird ja auch schon mal etwas Seelsorge betrieben. Frau Räther kommt und sucht nach einer schwarzen Montur für ihre switch-it-Brille, ein Modell, bei dem man leicht selber die Bügel wechseln kann.

Da ich weiß, dass sie ihren schwerkranken Mann pflegt, frage ich vorsichtig nach dessen Befinden. Die Tränen steigen ihr in die Augen; der Arzt habe ihm noch maximal ein bis zwei Wochen gegeben und sie wolle heute Vormittag, während ihre Schwägerin am Krankenbett sitzt, möglichst viel erledigen, damit sie dann bei ihm bleiben könne.

Einen schwarzen Rock hat sie gerade erstanden, und die Brille ist ja jetzt auch in Ordnung...

Wir sprechen noch ein wenig über die Palliativversorgung und ich wünsche Frau Räther viel Kraft.

Während sie erzählt hat, ist eine weitere, mir als eher neugierig bekannte Kundin dazu gekommen. Ich muss noch etwas schlucken, wende mich Frau X. zu  „Es gibt schon schwere Schicksale...“

„Ja,“ antwortet die X.sche, „mir tat heute morgen der große Zeh auch entsetzlich weh, ich musste mir schon ein Hühneraugenpflaster in der Apotheke kaufen!“

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Kommentare: 1
  • #1

    MM (Donnerstag, 06 Februar 2020 09:03)

    Bei solch einem Kommentar kann einem glatt der Kitt aus der Brille fallen...